Von Rob Savelberg (De Telegraaf, Die Welt)
Links die Suren des Koran, rechts die Beispiele – also Steinigung, Enthauptung, Exekution. So kündigt der Rechtspopulist Geert Wilders seinen umstrittenen Koranfillm an. Die täglichen Todesdrohungen ignoriert er. Es hieße „anpassen oder abhauen“. Muslime verstünden eben keine Kritik.
Geert Wilders gilt als Meister der Public Relations. Jeden Tag gibt er den Niederländern wieder einen Brocken Information über seinen geplanten Koranfilm. So hält er den Spannungsbogen. Der Rechtspopulist aus dem katholischen Venlo beherrscht die öffentliche Diskussion – sowohl im politischen Den Haag als auch in der tiefsten Provinz.
Die Menschen zwischen Groningen und Maastricht fürchten sich vor den unvorhersehbaren Folgen, die der Film des erklärten Islamfeindes haben könnte. Wilders hat den Koran schon mit Hitlers „Mein Kampf“ verglichen. Für den Chef der Freiheitspartei PVV ist der Koran ein ,,faschistisches Buch, das zu Gewalt aufruft“. Muslime, die in den Niederlanden bleiben wollten, sollten die Hälfte des islamischen Gottesbuches zerreißen, findet Wilders. Nur so könnten die fast eine Million Muslime im Nachbarland an der Nordsee ihre Loyalität beweisen.
Die Niederländer erinnern sich an 2006, als Karikaturen des Propheten Mohammed in der dänischen Zeitung
‚Jyllands-Posten‘ abgedruckt wurden. Von islamischen Geistlichen wurden sie in den Nahen Osten gebracht, wo es zum Aufruhr kam und Botschaften brannten. Ergebnis: mehr als hundert Tote.
Die Ultralinken in Holland sind aus Protest gegen Wilders` Filmpläne auf die Straße gegangen. Sie bezeichneten ihn als ,,Extremisten“ und wurden kurzzeitig verhaftet. Währenddessen sorgt sich die niederländische Exportindustrie um Schäden im Auslandsgeschäft.Das ist Geert Wilders egal. Er sieht sich als Kämpfer für die Meinungsfreiheit. Die Todesdrohungen, die ihn fast täglich erreichen, scheinen ihn nicht zu beeindrucken. Der aus der rechtskonservativen VVD ausgetretene Politiker kennt nur eine Devise, wenn es um die niederländischen Muslime geht: ,,Anpassen oder abhauen.“Film soll im März kommen
In der niederländischen Zeitung „De Telegraaf“ kündigte er seinen Koranfilm für den März an. Der Bildschirm werde geteilt, so Wilders. Auf der linken Seite sieht der Zuschauer die Verse und Suren. Rechts sieht man laut Wilders ,,die Beispiele“: eine Enthauptung im Irak, eine Steinigung im Iran oder eine Exekution in Saudi-Arabien. Alles eine Folge der islamischen Gesetzgebung, der Scharia, meint der Mann mit den hell blondierten Haaren: ,,Wer das schockierend findet, muss nicht mir böse sein, sondern denen, die diese Dinge gemacht haben.“
Wilders findet, dass Muslime keine Kritik verstehen. Dies habe 1987 auch eine Tagesschau-Satire von Rudi Carrell bewiesen. In dieser Persiflage hatte der inzwischen verstorbenen Komiker sich über Ayatollah Khomeini aus Iran lustig gemacht. Carrell verursachte einen internationalen Sturm im Wasserglas. Deutsche Diplomaten wurden aus Teheran ausgewiesen.
Die Islamkritikerin Ayaan Hirsi Ali hatte Wilders zunächst als „polarisierend“ kritisiert und vor Unruhen gewarnt. Nun sagt die untergetauchte niederländerische Schriftstellerin somalischer Herkunft, dass Wilders ,,mutig“ sei und dass er ,,das Recht hat den Film zu zeigen“. Hirsi Ali, laut „Time Magazine“ eine der einflussreichsten Frauen der Welt, hatte 2004 mit dem Regisseur Theo van Gogh das Drehbuch für den Film ,,Submission“ geschrieben. Darin wurden Koranverse auf dem Rücken einer Frau gezeigt. Kurz darauf wurde Van Gogh von einem jungen Einwanderer marokkanischer Herkunft ermordet. Als eigentliches Ziel des Anschlags galt Hirsi Ali. Nach dem Mord an Van Gogh, der die niederländischen Muslime in seiner Kolumne in der Gratiszeitung „Metro“ fast täglich beleidigte, war es vorbei mit der berühmten Toleranz der Niederländer. Die Einheimischen trauten den vielen Einwanderern nicht mehr über den Weg.
Angesichts der jetzigen Krise hat der niederländische Staatssekretär Ahmed Aboutaleb, ein gebürtiger Marokkaner, angeboten, in islamischen Ländern zu vermitteln. Der konservative Außenminister Maxime Verhagen hat Angst, dass niederländische Staatsbürger im Ausland gefährdet seien.
Wilders bleibt betont gelassen. ,,Für Panik gibt es keinen Grund, bevor nur eine Minute gesendet ist“, sagt der 44-jährige über seinen zehnminütigen Streifen, der voraussichtlich über YouTube verbreitet wird. Die niederländischen Fernsehsender wagen es nicht, seinen Film zu zeigen, behalten sich aber das Recht vor, einzelne Teile zu senden, wenn darüber Aufruhr entsteht.